Entdecker(g)reise

Ü40 – REISEN & erLEBEN –

Pilgern auf dem Via Sacra ©entdecker-greise.de
Pilgern auf dem Via Sacra ©entdecker-greise.de

Pilgern auf dem Via Sacra – von Annaberg nach Mariazell

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Eine wundervolle Pilgerreise nähert sich dem Ende, jedoch nicht, ohne uns noch einmal zu einem krönenden Abschluss zu führen. Unsere Pilgerbegleiterin, der Weg, das Zusammenwachsen unserer kleinen Pilgergruppe, die Zwiegespräche in uns selbst und schließlich das Ankommen im Wallfahrts- und Pilgerort Mariazell, all das führt bei uns allen zu überwältigenden Emotionen. Es vermischen sich der Stolz angekommen zu sein, das Glück selbst Teil dieser ganz besonderen Pilgerreise gewesen zu sein und die Gewissheit reich an neuen Erfahrungen und Erkenntnissen nach Hause zurück zu kehren.
Dieser letzte Tag unserer Pilgerreise war wirklich noch einmal ein krönender Abschluss, nicht zuletzt wegen unserer Pilgerbegleiterin Maria. Dank ihr sind wir morgens bereits um fünf Uhr in der Frühe aufgestanden (was ich sonnst niemals freiwillig machen würde), haben unsere Rucksäcke gepackt und sind nach dem wirklich besten Frühstück auf der ganzen Reise, im Gasthof Meyer, aufgebrochen, um den Blick auf den Ötscher, der uns auf weiten Teilen dieser Etappe begleiten sollte, in vollen Zügen zu genießen. Ich muss zugeben, dass ich anfangs nicht wirklich begeistert war, um diese Uhrzeit aufzustehen und gleich loszuwandern. Doch ich musste mich eines Besseren belehren lassen. Es war herrlich, gleich morgens diese kühle klare Bergluft einzuatmen, dem Vogelkonzert zu lauschen, die noch feuchte Luft auf der Haut zu spüren und in mit Blick auf den herrlichen Ötscher in den beginnenden Tag hinein zu wandern.
An einer Abzweigung des Weges fehlte ein Hinweisschild, sodass wir eine Zeitlang in die falsche Richtung abgebogen sind. Um wieder auf unseren ursprünglichen Weg zu gelangen, sind wir quer Feld eingelaufen, durch eine Wiese, mit herrlichen Feuerlilien, dann weiter durch einen dicht bewachsenen Wald … es war wundervoll!

Im Nachhinein muss ich sagen, dass mir dieses Stück vielleicht sogar am besten gefallen hat. Es war so abenteuerlich und ursprünglich. Es gab keinen wirklichen Weg, den haben wir uns selbst gesucht, jenseits der abgetretenen Pfade. Auch dass nehme ich als weitere Weisheit mit, von dieser Pilgerreise. Es ist nicht schlimm, unterwegs vom Weg abzukommen, denn manchmal sind die vermeintlichen Irr- und Umwege gerade der schönste Teil unseres Weges und wie oft kommt es im Leben vor, dass sich unser Weg anders entwickelt als geplant. Dass wir Umwege oder auch Irrwege in Kauf nehmen müssen. Doch gerade diese sind es doch, die uns aus unserer gewohnten Routine werfen und uns zwingen wieder mit allen Sinnen zu arbeiten (zu leben), um den Weg zu finden, den wir gehen möchten. Ich empfinde das als herrlich erfrischend und spannend, auf der Pilgerschaft, wie auch im alltäglichen Leben.

Genau auf diesem Stück entstand übrigens das Foto, das Elena für Ihren 4. Artikel als Titelbild auswählte. „Monika, Du siehst auf diesem Bild so erleuchtet aus“, sagte sie mir mit einem Grinsen. Passt ja irgendwie, oder, denn ich hab genau in dieser Situation ja tatsächlich etwas sehr wertvolles und entlastendes für mein weiteres Leben erfahren können. Von nun an werde ich Um- und Irrwege in meinem Leben willkommen heißen, denn wer weiß, an welch wundervolle Orte sie mich führen werden. Das ist doch herrlich entlastend, oder?

Der Ötscher begleitet uns durch den Tag ©entdecker-greise.de

Der Ötscher begleitet uns durch den Tag ©entdecker-greise.de

Mittags sind wir in Josefsberg, im Wirtshaus am Berg, eingekehrt. Doch vor dieser Rast lag ein wirklich langer und sehr anstrengender Aufstieg. Die meisten von uns sind diese Strecke mehr oder weniger alleine für sich gegangen – jeder in seinem ganz eigenen Tempo und in seinen ganz eigenen Gedanken versunken. Ich persönlich habe bei diesem Aufstieg zu meiner eigenen Kraft zurückgefunden. Ich war mir ihrer lange Zeit nicht mehr wirklich sicher, aber jetzt weiß ich, sie ist da, sie war die ganze Zeit dort, ich hatte nur durch widrige Lebensumstände für eine Zeit den Kontakt zu ihr verloren. Wie auf dem Pilgerweg bin ich durch ein Tal gelaufen, um mich dann mit viel Kraft wieder auf einen Berg zu begeben. Dort oben angekommen habe ich vor lauter Glück erst einmal einen Freudenschrei ausgestoßen und nun weiß ich, dass es nun einmal im Leben so ist. Manchmal fühlen wir uns einfach schwach, doch wir wissen erst, wozu wir wirklich fähig sind, wenn wir aufbrechen und es einfach ausprobieren. Wir werden erstaunt sein, wieviel Kraft wir in uns finden. Was für eine beruhigende Erkenntnis!

 Via Sacra - wild und authentisch wie das Leben ©entdecker-greise


Via Sacra – wild und authentisch wie das Leben ©entdecker-greise

Tanja erzählte mir, dass auch ihr bei dem Aufstieg Zweifel hinsichtlich der eigenen Kraft gekommen sind. Sie wandte sich von diesen demotivierenden Gedankenschleifen ab, indem sie sich etwas Schönem zuwandte. Sie dachte an das glückliche Gefühl, ihr Kind zu betrachten und sich über das Glück seines Daseins zu erfreuen. Diese Gedanken halfen ihr, in ihre Kraft zu gelangen und den strapaziösen Aufstieg zu meistern. So kann Liebe eben tatsächlich im wahrsten Sinne Berg versetzen und uns Flügel verleihen. Nur müssen wir uns der Liebe, die uns umgibt und die in uns ist, eben nur bewusst zuwenden.
Ich liebe den Via Sacra, für all diese Erkenntnisse oder Bewusstmachungen. Pilgern hat eben doch etwas Mystisches, es macht uns wach, für das was ist. Pilgern bringt uns näher zu uns und macht dadurch gesund und glücklich!

 Um- und Irrwege stellen sich manchmal als wahre Glücksfälle heraus, wenn man offen ist für diese Erfahrung ©entdecker-greise.de


Um- und Irrwege stellen sich manchmal als wahre Glücksfälle heraus, wenn man offen ist für diese Erfahrung ©entdecker-greise.de

Nach dem Mittagessen fing es an zu regnen. Doch auch das konnte uns nun nicht mehr abhalten, unseren Weg nach Mariazell zu Ende zu gehen. Ganz im Gegenteil, unsere Laune wurde immer besser, wir immer übermütiger und glücklicher und so entstanden viele Teile unseres Happy Pilgrim Videos auf dieser Etappe. Ich bin mir nicht sicher, ob man es nachvollziehen kann, wenn man nicht direkt dabei war, aber ich liebe diesen kleinen Film, denn er zeigt so schön, wieviel Lebensfreude und Spaß wir während dieser Pilgerreise hatten, sowohl mit dem Weg selbst, als auch innerhalb der kleinen Gruppe. Diese Tage erfüllen mich wirklich mit Dankbarkeit, denn sie sind für mich ein unvergessliches und sehr nachhaltiges Erlebnis.

 Das Ziel des Via Sacra - Mariazell ©entdecker-greise.de


Das Ziel des Via Sacra – Mariazell ©entdecker-greise.de

Je näher wir Mariazell schließlich kommen, desto schneller werden wir. Wir sind zwar eigentlich müde und unsere Füße und Beine schmerzen, aber die Euphorie, dieses Abenteuer gewagt und durchlebt zu haben lässt und mal wieder Flügel wachsen. Singend und tanzend wandern wir in Mariazell ein, nach mehr als 90 km und ca. 2000 überwundenen Höhenmetern!
Wir sind stolz über das Erreichte, glücklich über all das, was wir erfahren und lernen durften, sowie über dass, was uns auf diesem Weg erst so richtig bewusst geworden ist. Wir sind aber auch ein wenig traurig, dass sich dieser Weg – der unser gemeinsamer Weg war – nun dem Ende nähert. Eigentlich war die Zeit, die wir miteinander verbracht haben ja gar nicht so lang und doch hat sich soviel für uns verändert. Aus fünf sich fremden Menschen wurden Freunde, die viel miteinander geschafft haben, viel miteinander geteilt haben und die viel voneinander erfahren durften. Wir haben zusammen gelacht, getanzt, gefeiert, gekämpft und geweint. Das war das wahre Leben im Zeitraffer, nur viel intensiver und lehrreicher, als es das sonst ist. Wir sind auch uns selbst auf diesem Weg begegnet, sehr intensiv und sehr authentisch. Vieles was vorher vielleicht unklar und irgendwie nebulös war, steht nun bewusst und klar vor uns. Eine wirklich wundervolle Erfahrung dieser Pilgerweg und ich kann jedem nur von ganzem Herzen wünschen, dass er sich selbst einmal auf Pilgerschaft begibt und die Reise zu sich selbst und zu seinem Nächsten antritt. Ich wünsche Euch ganz viel Spaß und gute Erfahrungen damit!!!

 

Brich auf – gehe, vertraue, wage es jeden Tag neu, dich zu verändern.
Brich auf – aus sorgenvollen Gedanken, aus erstarrten Gewohnheiten,
aus lähmenden Vorstellungen, aus eigenen Forderungen.
Sei unterwegs – mit Leib und Seele, mit allen Sinnen, mit Vertrauten und Fremden, mit ganzem Herzen.
Sei aufmerksam – für die Schönheit der Natur, für neue Wege, für unerwartete Begegnungen, für geschenkte Lebensmöglichkeiten.
Brich auf – jeden Tag neu und du wirst verwandelt ankommen!
(Unbekannt)

Für mich selbst war das ganz sicher nicht die letzte Pilgererfahrung und eigentlich kann ich es kaum erwarten, mich wieder auf den Weg zu begeben! Maria (unsere Pilgerbegleiterin) meinte, dass ich meinen Jakobsweg sicher irgendwann zu Ende gehen würde … ich denke, sie hat mal wieder Recht! 😉

 

Die Treue zu sich selbst ist der Anfang der Liebe.
Wer bei sich angekommen ist, kann zum Du aufbrechen.
(Unbekannt)

Ich würde mich sehr freuen, wenn Ich Euch zu Eurer eigenen und ganz individuellen Pilgerschaft inspirieren kann und natürlich, wenn Ihr mir von Euren Erfahrungen berichtet!

Ich freue mich auf Euch und Eure Berichte!

Weitere Pilgergeschichten findet Ihr übrigens hier:

Herrliche Aussichten auf dem Via Sacra ©entdecker-greise.de5. Juli 2014
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3 Kommentare

Pilgerbegleitung, Spiritualität und was genau ist eigentlich mein Thema, für diese Pilgerreise auf dem Via Sacra?

onika Baum
2 Kommentare

Pilgern im Mostviertel – ich bin dann mal weg …

 

… und wie immer bei Elena, Tanja, Hubert und Oli!

Autor: Monika Baum

Ü40 und Reise-Greis(in), außerdem (Spät-)Entdecker(in) und Abenteurer(in) aus Leidenschaft

7 Kommentare

  1. Ach liebe Monika, das hast du wirklich schön beschrieben und fast wird mir etwas wehmütig ums Herz. Kaum zu glauben, dass es erst eine Woche her ist, dass wir wieder zu Hause gelandet sind. 😉

  2. #hach – wie recht Du hast, wenn Du schreibst:

    „Wir sind stolz über das Erreichte, glücklich über all das, was wir erfahren und lernen durften, sowie über dass, was uns auf diesem Weg erst so richtig bewusst geworden ist. Wir sind aber auch ein wenig traurig, dass sich dieser Weg – der unser gemeinsamer Weg war – nun dem Ende nähert.“

    *seufz*

    ich vermisse euch auch! Danke für die schöne Zeit, die jetzt beim Lesen auch wieder richtig hoch kocht…

    LG
    HUbert

  3. Bin jetzt endlich zum Blogglesen gekommen. Bei deinem Blog kann man gut nachvollziehen, was du erlebt hast – und was das für dich bedeutet hat. Das erreichen von Mariazell war ein großer Sieg für dich. Jetzt weißt du: Du kannst alles! Wann brichst du wieder auf – zum Jakobsweg? Alles Gute!

  4. Pingback: Jakobswege, Wege der Jakobspilger im Rheinland, Band 1 | Entdecker(g)reise

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