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Pilgerwege ... führen letztlich alle zum gleichen Ziel ... zu uns selbst ©entdecker-greise.de
Pilgerwege ... führen letztlich alle zum gleichen Ziel ... zu uns selbst ©entdecker-greise.de

Pilgern im Mostviertel – von Hinterbrühl nach Klein-Mariazell

| 7 Kommentare

Heute bin ich sagenhafte 32 km gewandert. Ich bin unendlich stolz und glücklich. Die erste Etappe auf dem Via Sacra war für mich ein unendlich schönes und tiefgehendes Erlebnis. Ich bin durch viele schöne Landschaftsabschnitte des Mostviertels gewandert, habe traditionsreiche Pilgeretappen gesehen und bin tief beeindruckt, von der Wirkung, die das Pilgern auf mich ausübt! Was ich daraus für mein weiteres Leben gelernt habe? Ich verrate es Euch gerne …
Um acht Uhr in der Frühe sind wir aufgebrochen. Heute hat uns Ernst als unser Pilgerbegleiter geleitet, geführt und so manches Mal auch an der Nase herum geführt, aber davon möchte ich Euch später berichten.
Zunächst zu den 32 sagenhaften Kilometern, die wir heute gewandert sind. Niemals hätte ich gedacht, dass ich dieses Ziel erreiche. Als ich zu Hause einem Bekannten von meinem Vorhaben, auf dem Via Sacra zu pilgern, erzählte, meinte dieser gleich äußerst aufmunternd: „Na das schaffst Du eh nicht, da brauchst Du gar nicht hin zu fahren.“ Doch mein lieber, ich habe es geschafft und nun bin ich glücklich und sehr dankbar, denn ich weiß außerdem, warum ich es geschafft habe!

Pilgerwege ... führen letztlich alle zum gleichen Ziel ... zu uns selbst ©entdecker-greise.de

Pilgerwege … führen letztlich alle zum gleichen Ziel … zu uns selbst ©entdecker-greise.de

Aber vielleicht erzähle ich Euch erst ein wenig über den Weg, auf den wir dank Christa so gut vorbereitet waren und den wir so, mit der richtigen Einstellung meistern konnten.
Bereits der erste Abschnitt war von der Wegführung her sagenhaft schön. Naturbelassene Pfade, dichte Sträucher und Wälder, enge Pfade, durch die wir uns unseren Weg regelrecht bahnen mussten. Abenteuer pur, genau so, wie ich es liebe! Es hat soviel Spaß gemacht, dass wir alle die Anstrengung des Weges gar nicht mehr wahrgenommen haben. Der Via Sacra hat uns regelrecht in seinen Bann gezogen und unser Pilgerführer musste uns anfangs sogar etwas bremsen, weil wir immer schneller wurden. So erreichten wir auch unser Mittagsziel Heiligenkreuz viel früher als geplant. Unterwegs führte uns unser Weg durch Gaaden, einem kleinen Ort, mit einer herrlich ausgestatteten Kirche, an der man auf keinen Fall vorbei laufen sollte.
Der Stift Heiligenkreuz selbst wird auch als das mystische Herz des Wienerwaldes bezeichnet. Es versteht sich selbst, als eine Schule der Liebe, in der alle Bestandteile des Klosterlebens dazu dienen, den eigenen Egoismus zu überwinden um damit frei zu werden, für die Liebe zu Gott. – Ein herrlicher Grundgedanke!
Nachdem wir uns im klostereigenen Restaurant genügend gestärkt haben, pilgern wir weiter. Langsam aber sicher machen sich erste körperliche Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Uns fällt auf, dass unser Pilgerführer Ernst niemals davon spricht, dass wir doch so einiges an Höhenmetern zu überwinden haben. Er umschreibt diese Gegebenheiten dann sehr gerne mit: „Na wir müssen da hinüber.“ Das erleichtert zwar mental den bevorstehenden Aufstieg ungemein, aber der Körper macht sich dennoch bemerkbar. Pilgern ist kein Pappenstiel. Nicht umsonst heißt es: „Beten mit den Füssen.“ Das tun wir und das spüren wir auch.
Elena, unsere Gastgeberin für Österreich Tourismus erweist sich auf der Strecke als wahrer Schatz. Immer um unser Wohlergehen bemüht, lenkt sie uns – insbesondere mich – auf schweren Passagen ab und unterhält uns mit ihrem Humor, wenn sich die Wegstrecke dahinzieht. Möglicherweise haben sie und Ernst sich auch abgesprochen, denn so, wie er die Höhenmeter vollkommen negiert, so spricht sie nie von Bergen, sondern nur von Hügeln. :-)

Pilgergefährten tragen einander ... ©entdecker-greise.de

Pilgergefährten tragen einander … ©entdecker-greise.de

Doch obwohl der Weg fantastisch ist, und durch atemberaubende Landschaften führt, schmerzen zumindest mir meine Beine mehr und mehr. Als wir in Hafnerberg ankommen habe ich das Gefühl, nichts geht mehr. Zu meinem Glück möchten auch meine Pilgergefährten gerne eine Rast machen und so kehren wir in Hafnerberg noch einmal ein, um uns auf den „Endspurt“ vorzubereiten. Ca. fünfeinhalb km liegen noch vor uns, es können auch sieben sein und mindestens zwei Anstiege. Ernst drückt sich in dieser Beziehung gerne wenig konkret aus, um uns nicht verzweifeln zu lassen. Jetzt will jeder von uns das Etappenziel erreichen, je früher, desto besser. Alle haben ihre Wehwehchen und hier kommt für mich das schönste Erlebnis an diesem Tag und das, was ich aus dieser Erfahrung lerne.

 Sagenhaft schöner Via Sacra ©entdecker-greise.de


Sagenhaft schöner Via Sacra ©entdecker-greise.de

Wir stützen uns gegenseitig. Unausgesprochen und abwechselnd. Zuwendung erfährt derjenige, der es braucht und solange er es braucht. Nichts ist einseitig und alles ausgewogen. Jeder trägt des Anderen Last und fühlt sich selbst dadurch erleichtert. Für mich ein unheimlich intensives und nachhaltiges Gruppenerlebnis. Doch ich möchte es gar nicht auf diese Gruppe – die für mich wirklich ein Geschenk ist – begrenzen. So ist es einfach auch im täglichen Leben und im täglichen Miteinander. Im Laufe unseres Lebens lernen wir Weggefährten kennen, mit denen wir einen Teil unseres Weges gemeinsam zurücklegen und gemeinsam meistern. Manchmal erwachsen aus diesen Begegnungen lebenslange Verbindungen, manchmal scheint es aber auch zu reichen, nur einen Teil des Weges gemeinsam zu meistern und irgendwann trennen sich die Wege wieder. Beides ist gut, genau so, wie es ist. Dann heißt es loslassen und den anderen ziehen lassen, auch wenn es möglicherweise zu Beginn schmerzt. Es kommt nicht auf die Dauer solcher Verbindungen an, sondern auf die Qualität. Eine Gradwanderung, die sicherlich nicht leicht ist und ein Loslassen zum richtigen Zeitpunkt erfordert. Doch wenn uns das gelingt, gelingt es uns gleichermaßen, aus allen Verbindungen und Beziehungen die positive Energie mit auf unseren weiteren Weg zu nehmen und die findet sich – wenn auch manchmal eben auf einen gewissen Zeitrahmen begrenzt – in fast jeder Verbindung, in der sich Menschen authentisch, aufrichtig und zugewandt begegnen. Für mich eine herrliche Gewissheit, die ich auf dem Via Sacra gelernt habe!

Den Weg gehend,
erkennt man den Sinn.
(Luise Ringer)

Seid Ihr auch schon einmal gepilgert? Wie war es für Euch? Welche Erfahrungen habt Ihr auf Eurer Pilgerreise sammeln können?
Mehr über meine Pilgerschaft erfahrt Ihr hier:

Pilgern im Mostviertel – ich bin dann mal weg …

Autor: Monika Baum

Ü40 und Reise-Greis(in), außerdem (Spät-)Entdecker(in) und Abenteurer(in) aus Leidenschaft

7 Kommentare

  1. Hi Monika,

    danke für diesen tollen Artikel. Ernst ist echt eine Nummer für sich :)

    Und danke vor alle für diese Zeilen:

    „Wir stützen uns gegenseitig. Unausgesprochen und abwechselnd. Zuwendung erfährt derjenige, der es braucht und solange er es braucht. Nichts ist einseitig und alles ausgewogen. Jeder trägt des Anderen Last und fühlt sich selbst dadurch erleichtert. Für mich ein unheimlich intensives und nachhaltiges Gruppenerlebnis. “

    Ich könnte sie besser nicht schreiben!

    Hab mich sehr gefreut, Dich auf der via Sacra kennengelernt zu haben und „Schei** auf den Bekannten“ 😉

    LG und bis bald

    Hubert

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  6. Vielen Dank für diese Worte, die mir mitten ins Herz gegangen sind „Dann heißt es loslassen und den anderen ziehen lassen, auch wenn es möglicherweise zu Beginn schmerzt. Es kommt nicht auf die Dauer solcher Verbindungen an, sondern auf die Qualität. “ Ich habe vor knapp 4 Monaten meinen Partner verloren und das trifft es genau. Und auch ich finde meine Ruhe draussen bei Wandern. Bisher noch nicht beim Pilgern, aber das steht auf meiner „bucket list“

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