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Letztes Geleit in Bildern von Therese Walther

Fotoausstellung „Letztes Geleit“ Berufe rund um Tod und Bestattung

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Gestern habe ich eine für mich nachhaltig beeindruckende Fotoausstellung der Fotografin und Künstlerin Therese Walther besucht. Die Ausstellung ist vom 20. März bis 28. April 2024 im Hamburger Hospiz im Helenenstift, zu sehen und soll zu einem späteren Zeitpunkt eventuell noch erweitert werden, was ich nach der gestrigen Eröffnung sehr begrüßen würde!

Letztes Geleit – Berufe rund um Tod und Bestattung

Den Tod verbannen wir ja in unserem Kulturkreis nur allzu gerne aus unserer Mitte. Am liebsten gar nicht erst daran denken, schon gar nicht darüber nachdenken oder miteinander in den Austausch kommen. Schade eigentlich, denn aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es so viel zu lernen gibt, rund um dieses Thema, von Menschen die direkt oder indirekt damit zu tun haben oder davon betroffen sind. Und überhaupt, dass der Umgang auch ein ganz anderer sein kann, zeigt zum Beispiel ein Blick nach Mexiko, wo der Totenkult in dem in dem Dia de los Muertos, dem Tag der Toten, sogar ausgesprochen bunt und lebensbejahend gefeiert wird.

Doch zurück zu der spannenden Fotoausstellung von Therese Walther, der Sucherin, wie sie sich selbst genannt hat und zu ihrem Weg dorthin. Für die Ausstellung hat sich die Künstlerin zunächst Gedanken gemacht, welche Gewerke überhaupt verstrickt sind, in das Thema rund um das letzte Geleit. Allein diesen Gedanken finde ich persönlich ja schon spannend. Hast du dir schon einmal Gedanken über die Bedeutung dieser Worte gemacht? Das letzte Geleit? Ich muss gestehen, für mich waren diese Worte, ebenso wie die Worte der „letzten Ehre“ bislang eher eine überaltete und übernommene Phrase für etwas, wofür sich in der Regel schwer die richtigen Worte finden lässt, und man solcherlei Phrasen gerne für sich adaptiert, ohne dass sie dabei an Bedeutung gewinnen. Doch genau das hat sich für mich seit dieser Fotoausstellung geändert und ich denke, am Ende dieses Berichtes wird sich auch bei dir eine Veränderung hinsichtlich dieser Thematik einstellen. Ob das so ist und in wie Fern, das würde mich sehr interessieren und ich hoffe du schreibst mir etwas dazu in den Kommentaren.

Besucht hat Therese Walther schließlich bei ihrer, sicherlich für die meisten von uns, eher ungewöhnlichen Arbeit, eine Bestatterin, Mitarbeitende im Krematorium, eine Urnengestalterin und einen Steinmetz. Entstanden sind daraus unzählige Bilder von den so Arbeitenden, ihrer Arbeit selbst und deren Werken.

Bei der Eröffnung der Ausstellung am 20. März wurden diese Gewerke, die Bilder und einzelne Werke selbst erstmalig vorgestellt. Angestoßen wurden tiefgehende Einsichten, Gedanken, neue Sicht- und Betrachtungsweisen und ganz viele Fragen, die zum Teil auch dort ihren Raum fanden.

Die Fotografin Therese Walther stellt ihre Bilder in der Ausstellung Letztes Geleit vor.

Therese Walther im Gespräch mit Besucherinnen der Fotoausstellung Letztes Geleit www.entdecker-greise.de

Annegret Rumöller – Bestatterin als Beruf

Komische Vorstellung, oder? Ehrlich gesagt kann ich es mir auch nicht so recht vorstellen, eine solche Arbeit zu verrichten.

Aus meiner Zeit im Rettungsdienst weiß ich noch, wie merkwürdig es sich angefühlt hat, mit einem Toten in einem Raum zu sein. Zu spüren, irgendetwas ist da noch – eine Energie? Eine Präsenz? Eine Seele? Ich weiß es nicht, ich weiß nur, irgendetwas ist da noch, auch oder so kurz nach dem Tod, davon bin ich überzeugt.

Wie muss es sich da anfühlen, mit einem Toten im wahrsten Sinne des Wortes auf Tuchfühlung zu gehen. Spannend zu hören, wie eine Bestatterin über ihre Berufsethik berichtet. Nicht die Ziele der Reinigung und des Ankleidens stehen im Vordergrund, sondern vielmehr der respektvolle Umgang. Das achtsame Entkleiden, die achtsame Reinigung und das darauffolgende „Zurechtmachen“, also auch wiederum nicht nur wieder ankleiden, sondern herrichten, für den letzten feierlichen Akt.

Ich empfinde diese Schilderungen und die Gedanken darüber als Erleichterung. Ich hadere oft mit der mittlerweile fast alltäglichen Abfertigung von Menschen, insbesondere von älteren Menschen, in Krankenhäusern, Behörden oder auch im Supermarkt. Da ist es schön zu hören, dass zumindest beim letzten Geleit eines Menschen, die Menschenwürde (die im Leben leider oftmals zu kurz kommt, wie ich finde) wieder in den Vordergrund gerückt wird.

Es ist die Rede von unterschiedlichen Waschungsriten, die mehr oder weniger wertschätzend sind und deshalb mehr oder weniger zu favorisieren seien. Wie ich finde eine interessante Information, über die ich mich auf jeden Fall erkundigen werden, sollte ich einmal in die Verlegenheit kommen, ein solch letztes Geleit organisieren zu müssen.

Gewerke um das Letzte Geleit von Therese Walther

Zum Letzten Geleit zählt auch die Arbeit im Krematorium, dokumentiert von der Fotografin Therese Walther. www.entdecker-greise.de

Arbeiten im Krematorium

Ähnliches gilt für die Arbeit im Krematorium. Während mich der Gedanke an ein solches sonst eher beunruhigt, empfinde ich nach den Schilderungen über diese Arbeit hier, während der Fotoausstellung, jetzt eher Beruhigung. Keine Fließbandarbeit, kein schnell schnell.

Auch hier geht es um Ruhe und Achtsamkeit im Handeln. Ich spüre, wie sich die Worte „Letztes Geleit“ in meinem Kopf und in meinem Gefühl verändern. Sie gewinnen an Gewichtung und Sinnhaftigkeit. Menschen, die einen solchen Beruf ausüben, haben sich in der Regel bewusst dazu entschieden, tote Menschen auf diesem allerletzten Weg tatsächlich würdevoll und respektvoll zu begleiten.

Es geht um eine letzte Wertschätzung des Lebens, das vergangen ist und um eine aktive Verabschiedung in Würde. Die Würde des Menschen ist unantastbar erhält hier ein letztes Mal Gewicht und wird mitten im Tod mit Leben gefüllt. Wunderschön …

Kunstvolle Urnen gestaltet von Ina Hattebier und dokumentiert von der Sucherin. www.entdecker-greise.de

Urnengestalterin Ina Hattebier schafft vergängliche Kunst für das Letzte Geleit

Urnengestalterin Ina Hattebier

… so wunderschön, wie die kunstvoll und liebevoll gestalteten Urnen von Ina Hattebier. Einer studierten Künstlerin, die nach eigenen Worten „kein Problem mit der Vergänglichkeit ihrer Kunstwerke hat“, was sie in den restlichen Bereichen ihres Lebens eigentlich nicht von sich behaupten kann.

Ich denke die tiefgründige Beschäftigung mit der Thematik „letztes Geleit“ verändert einfach die Sicht auf die Dinge, zumindest in den hiermit zusammenhängenden Lebensbereichen. Von daher sicherlich ein Thema, das uns alle betrifft und das uns bereichert, wenn wir ihm zu Lebzeiten unsere Zeit und unsere Gedanken schenken.

Ina Hattebier ermöglicht eine kreative Begegnung mit den Themen Tod, Abschied und Vergänglichkeit und holt sie so mitten ins Leben. „Individuell und stimmig“ trägt sie gemeinsam mit Hinterbliebenen dazu bei, den Abschied eines Menschen aus diesem Leben liebevoll zu gestalten. Die Auswahl stimmiger Materialien und Farben werden so zum Ausdruck der lebendigen Individualität des Einzelnen. Ein letztes Mal, als letztes Geleit und als letzter Gruß von Mensch zu Mensch, von den Lebenden zu den Toten oder von den Toten zu den Lebenden. Ein freundlicher Blick zurück, der für die Hinterbliebenen, einen zuversichtlicheren Blick in die Zukunft schafft.

Was durch solche Bemühungen noch gelingt, ist eine Trauerkultur zu schaffen, die an Farbe und Lebendigkeit gewinnt. Der Tod und die Vergänglichkeit gehören zum Leben dazu und wenn wir ihn nicht mehr so sehr ins Abseits stellen, sondern ihm gestatten hier mitten im Leben unter uns zu weilen und Farbe zu bekennen, dann können wir vielleicht auch noch einiges für unser Leben von ihm lernen. Was alles möglich ist erfahren wir schließlich immer erst dann, wenn wir wagen unbekanntes Land zu betreten.

 

Trauerrednerin Stefanie Viereck

Unbekanntes Land zu betreten gehört für Trauerrednerin Stefanie Viereck sogar zu einem ihrer Berufsgeheimnisse. In ihrer unglaublich vielschichtigen Aufgabe, eine Trauerrede zu schreiben, begibt sie sich gerne in das häusliche Umfeld des Verstorbenen, um dort, im gemeinsamen Gespräch mit den Angehörigen, dessen Persönlichkeit wahrzunehmen und zu rekonstruieren. Sicherlich keine leichte Aufgabe, weshalb sie sehr bemüht ist, tatsächlich mit all ihren Sinnen wahrzunehmen und diese in den Prozess mit einfließen zu lassen.

Ihr Wunsch ist es, den Verstorbenen mit einer lebendigen, erinnernden und authentischen Trauerrede ein letztes Mal in den Raum zu holen und somit eine letzte lebendige Begegnung zwischen ihm und den anwesenden Trauergästen zu ermöglichen. Mein Herz lächelt bei diesem Gedanken und ich bin voller Hochachtung für diese ehrenvolle wie schwierige Aufgabe. Nur so kann Abschied und Versöhnung gleichermaßen ermöglicht werden. Wie tröstlich, insbesondere dann, wenn das zu Lebzeiten, aus welchen Gründen auch immer, nicht gelungen ist.

Alle Anwesenden sollen sich respektvoll in ihrer Realität, ihren Gedanken und ihrer Emotionalität gehört und wahrgenommen fühlen. Kein verklärter Blick zurück, sondern einer der Hell und Dunkel im Leben eines Menschen gleichermaßen zulässt. Und genau das ist es doch, was den Mensch zum Menschen macht, oder? Fehler können und dürfen sein, auch in der Rückbesinnung auf den Verstorbenen.

Abschied kann auf diese Weise positiv gestaltet werden, auch oder vielleicht sogar gerade dann, wenn vormals Ungeklärtes noch im Raume stand. Was für eine wundervolle und verantwortungsvolle Aufgabe, die durchaus auch therapeutische Aspekte in sich birgt.

 

Trauerflorist Alfons Mühlenbrock

Alfons Mühlenbrock ist einer der wenigen an diesem Abend, der tatsächlich bereits von Anfang an, als Florist und Gärtner tätig war. Allerdings hat auch er seinen Schwerpunkt verlegt. Von „Brautsträußen, deren wichtigstes Kriterium es war, mit dem Brautkleid und der Deko zu harmonieren“, zu wahren Kunstwerken der Trauerfloristik. Sein wichtigstes Handwerkszeug dabei – seine Intuition.

Laut eigenen Aussagen schreibt er sich bei seinen Gesprächen mit seinen Auftraggebern nur wenige Stichpunkte auf. Viel wichtiger ist es ihm, einfach nur wahrzunehmen und aufzunehmen. Die Rückmeldungen die er zu seinen floristischen Kunstwerken bekommt sprechen für sich selbst. Was mir dazu einfällt ist der wohl bekannteste Satz von Antoine de Saint-Exupéry: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Gleiches gilt wohl auch für die Ohren und das Hören.

Mit der emotionalen Qualität der von ihm ausgewählten Pflanzen berührt Alfons Mühlenbrock Trauergäste und Angehörige und versucht dadurch einen Bezug zum Verstorbenen zu schaffen. Zu seinen Arbeiten zählen florale Urnen oder Urnenschmuck, Sargschmuck, Kränze und die professionelle Gestaltung von Trauerräumen.

 

Das Hamburger Hospiz im Helenenstift

Zu sehen ist diese, wie ich finde, wundervolle und inspirierende Ausstellung im Hamburger Hospiz Helenenstift. Ein Ort, an dem Selbstbestimmung und Lebensqualität, im Mittelpunkt jeden Handelns stehen und das zu einem Zeitpunkt im Leben, in dem es den Betroffenen selbst sonst nicht mehr möglich wäre.

Fotoausstellung der Sucherin im Hamburger Hospiz Helenenstift. www.entdecker-greise.de

Fotografische Kunstwerke vorgestellt von der Sucherin Therese Walther in der Ausstellung das Letzte Geleit im Hamburger Hospiz Helenenstift

Therese Walther Fotografin und Künstlerin

Therese Walther habe ich eher zufällig kennengelernt, als ich im Netz auf ihre Bilder aufmerksam wurde. Schätzen gelernt habe ich sie so spontan wie nachhaltig, bei einem Fotoshooting, für das ich eigens nach Hamburg gereist bin. Die Qualität ihrer Bilder ist einzigartig, denn sie bildet Menschen und Dinge in ihrer wahrhaftigen Form und Erscheinung ab und – und das ist vielleicht das Wichtigste, in ihrer Schönheit, die in jeder und in jedem Einzelnen von uns wohnt.

Therese Walther vermag diese Schönheit zu entdecken und in ihren Bildern abzulichten. Ihre Bilder sind für mich Kunst. Kunst in der Fotografie, Kunst in der Empathie, Kunst in der Menschenliebe.

Genau das wird auch in der aktuellen Ausstellung wieder mehr als deutlich und ich hoffe sehr, auf eine vertiefende Fortführung dieser Bilder.

Für alle die sich selbst ein Bild machen möchten hier noch einmal die aktuellen Daten und Kontaktmöglichkeiten:

  • Die Fotoausstellung „Letztes Geleit“ – Berufe rund um Tod und Bestattung ist noch bis zum 28. April im Hamburger Hospiz im Helenenstift zu sehen. (Bitte vorher anmelden)
  • Eine Wiederholung, evtl. auch eine Erweiterung der Ausstellung, wird aktuell noch überlegt und sobald ich nähere Informationen habe, werde ich darüber berichten.

 

Wenn ihr euch die Ausstellung anseht, wünsche ich euch viel Freude und viele gute Gedanken dabei und ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn ihr eure Gedanken hier mit mir teilt. Ich bin so gespannt …

Herzlichst Eure Monika von Entdeckergreise

Autor: Monika Baum

Ü40 und Reise-Greis(in), außerdem (Spät-)Entdecker(in) und Abenteurer(in) aus Leidenschaft

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