Vor einigen Wochen wurde in einem Beitrag von Stern-TV über eine junge Familie berichtet, die über ein Jahr lang eine Weltreise mit zwei Kindern unternommen hat. Auch in der aktuellen Ausgabe von 4-seasons.de geht es um eine Familie, die seit 15 Jahren (!) ein Nomadenleben führt. Solche Berichte haben mich schon immer fasziniert! Was sind das bloß für Menschen, die sich das trauen? Das muss doch einfach nur genial sein, so ungezwungen durch die Welt zu reisen, die die man liebt immer in seiner Nähe zu haben und gemeinsam solch ein Abenteuer zu erleben.
Das haben wir uns als junge Familie nicht getraut. Mein Mann war aber auch nicht gerade das, was man als besonders reiselustig, geschweige denn als abenteuerlustig hätte bezeichnen können. Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack, denn ich war eigentlich schon immer recht abenteuer- und entdeckerfreudig. Warum habe ich mich in dieser Beziehung also nicht durchgesetzt? Schließlich umfasst ein solches Vorhaben ja in der Regel einen fest umschriebenen Zeitrahmen und da hätte man sich doch einigen können / müssen. – Na ja, Schnee von gestern. Ich kann die Zeit nicht zurückdrehen.
Aber der Wunsch nach einem solchen Abenteuer ist immer noch in mir und heute steht es mir offen, alles anders zu machen. So weit die Theorie. Jedenfalls lässt mich der Bericht nicht mehr los und meine Gedanken kreisen nur noch um dieses Thema. Also erzähle ich meiner Tochter davon: „Wir machen eine Weltreise!“ „Aha.“
Ich merke schon, sie nimmt mich wohl nicht so richtig ernst. Ich muss Fakten schaffen. Also eröffne ich ein Sparkonto und verkünde: „Von jetzt an legen wir immer mal wieder ein wenig Geld beiseite, für unsere Weltreise.“ „Wie jetzt, Weltreise?“ OK, das Interesse ist geweckt und sie weiß, dass ich es ernst meine. Nun kann ich Ihr meinen Plan unterbreiten.
„In drei Jahren ist Lisa mit dem Abitur fertig und dann kann es losgehen. Wir nehmen uns eine Auszeit und werden gemeinsam diese Weltreise unternehmen. Das wäre doch mal ein gelungener „Abschluss“ als Familie. Danach wird Lisa sicherlich eigene Wege gehen. Sie wird ein Studium oder eine Ausbildung beginnen und vielleicht sogar schon woanders wohnen. Aber dieses große Abenteuer, das haben wir dann noch als Familie unternommen und das wird uns als wunderschöne Erinnerung stets bleiben.“ Sie ist sprachlos und ich lege nach: „Wo würdest Du denn gerne hinfahren? Lass uns doch einfach mal eine Liste machen, mit den Ländern, die wir gerne bereisen möchten. Also bei mir steht Argentinien ganz oben auf der Liste.“
Jetzt habe ich Ihre volle Aufmerksamkeit „Ja und wovon willst Du das bezahlen? Das kostet doch Unmengen an Geld, so eine Weltreise!“Aber auch da hab ich schon meine Pläne. Wir haben eh viel zu viel angesammelt, über die Jahre. Von nun an werde ich alles verkaufen, was wir nicht wirklich brauchen und das Geld leg ich dann schon einmal auf die Seite. Und überhaupt, unser an sozialisiertes Sicherheitsdenken bremst uns viel zu oft aus. Ich glaube wir wissen gar nicht, was wir alles nicht brauchen – um wirklich glücklich zu sein. Gerade wir Deutschen sind da, absolute Sicherheitsfanatiker. Überversichert und verplant bis in die letzte Minute unserer Lebenszeit versuchen wir uns vor allen Unwägbarkeiten des Lebens zu schützen und merken dabei nicht einmal, dass wir das eigentliche Leben verpassen. Warum sonst sollte das Thema Burnout immer weitere Kreise ziehen und warum sonst leben so viele Menschen nur von Urlaub zu Urlaub und versuchen die Zeit dazwischen irgendwie zu überbrücken?
Wir haben die Zeit verpasst, als wir jung – Verzeihung, jünger waren. Das war ein Fehler. Aber aus Fehlern sollte man lernen, anstatt sie zu wiederholen. Ich halte es für fatal, jetzt – im mittleren Alter – das Leben auf die Zeit nach der Rente verschieben zu wollen, denn sind wir doch mal ehrlich … wer sagt denn, dass wir die überhaupt erreichen und falls doch, wie es dann gesundheitlich um uns bestellt ist. Vielleicht sind wir dann gesundheitlich gar nicht mehr in der Lage zu reisen oder schon so voller innerer Schranken, dass wir es, aus welchen Gründen auch immer, gar nicht mehr wagen, uns auf ein solches Abenteuer einzulassen.
Nein, ich möchte diese Weltreise zu einem Zeitpunkt erleben, den ich selbst festlege und vor allem zu einem Zeitpunkt, an dem ich mir sicher bin, es noch richtig genießen zu können. Vor allem aber möchte ich dieses Erlebnis mit meinem Kind teilen. Ich überlege mir, was denn bei all den jüngeren Menschen tatsächlich so anders ist. Warum schaffen sie es, ein solches Abenteuer Realität werden zu lassen? Sie berichten über ihre Erlebnisse in vielen tollen Blogs, in Zeitschriften oder bei Diavorträgen. Ich glaube eigentlich ist es nur die Fähigkeit loszulassen. Sich nicht selbst permanent mit dem Gedanken an das „Danach“ auszubremsen, sondern es einfach zu wagen. Es wird schon klappen und es wird schon weitergehen.
Dann klappt es auch und dann geht es auch nach einer solchen Reise irgendwie weiter. Das ist die Fähigkeit, die uns mit zunehmendem Alter verlorengeht und die uns daran hindert, das zu leben, was uns wirklich glücklich macht. Erarbeiteter Wohlstand, soziales Prestige und Sicherheit sind nicht nur die süßen Früchte harter Arbeit. Sie haben auch eine bittere Seite, nämlich die, uns zu binden und manchmal auch zu fesseln, sodass wir immer unbeweglicher und unflexibler werden. Da ist der tolle Job, den wir nicht einfach so aufgeben können, schließlich haben wir hart dafür gearbeitet. Stimmt, aber was nützt der tollste Job, wenn er uns daran hindert, unsere Träume zu leben. Da ist das tolle Haus, das wir jeden Monat abbezahlen oder das wir gemietet haben. Doch macht es uns auf Dauer wirklich glücklich, in einem goldenen Käfig zu leben?
Das Leben ist Veränderung. Lebenskonzepte und –ziele verändern sich ebenso wie wir uns verändern und sollten daher immer wieder einmal überdacht und möglicherweise angepasst werden. Zu Zeiten der Familiengründung war ein Haus, ein Heim, ein Nest sicherlich sehr schön und sehr passend, doch ist es auch mit erwachsenen Kindern noch das, was alle brauchen? Sicherlich, es war harte Arbeit, doch es hat auch Spaß gemacht, sich im Job zu etablieren, Karriere zu machen und den eigenen sozialen Status zu sichern, doch müssen wir uns heute noch derart beweisen und wäre es nicht viel besser rechtzeitig loszulassen, durchzuatmen und sich danach – so körperlich wie geistig gestärkt wieder neu zu orientieren? Schließlich ist doch der Weg das Ziel und das bedeutet gleichermaßen, dass wir uns immer wieder von Neuem auf den Weg machen müssen.
In meinem Bekannten- und Freundeskreis gab es eine Zeit, in der sich Nachrichten über Herzinfarkte, Schlaganfälle, Bandscheibenvorfälle, Burnout etc. häuften. Will ich darauf warten, bevor ich mich entscheide, mein Leben irgendwie anders zu strukturieren? Diese „Vorfälle“ sind doch nicht alle nur als „böses Karma“ oder Schicksal zu werten, sondern weisen viel mehr darauf hin, dass mit unserer gängigen Lebensweise irgend etwas in Schieflage geraten ist.
Und darum glaube ich auch, dass meine Idee von der geplanten Weltreise – gerade jetzt mit Ü40, eigentlich gar nicht so absurd und unerreichbar ist. Ich muss nur loslassen und mich einlassen. Ob`s stimmt? Was denkt Ihr?
Es grüße Euch herzlich Eure Entdecker(g)reisin mit den wilden Träumen von einer geplanten Weltreise, die irgendwann Wirklichkeit wird!
10. Januar 2014 um 12:06 Uhr
Hallo Monika, ein sehr schöner Artikel! Wir sind auch gerade dabei eine Weltreise „ins Auge“ zu fassen die Kinder sind bald aus dem Haus, da darf man auch mal wieder an sich denken. Eine sehr schöne Idee!
liebe Grüße
Nicole
10. Januar 2014 um 12:19 Uhr
Vielen Dank Nicole, der Meinung bin ich auch! Eigentlich bin ich richtig gespannt, was alles noch so kommt. Jede Zeit hat eben seine Vorteile und jetzt kommen wieder jede Menge Freiheiten auf uns zu. Das ist doch richtig vielversprechend, oder?!
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