Lasst Euch nicht abschrecken! In vielen Köpfen ist Berlin-Neukölln immer noch ein schlimmes Pflaster, sozialer Brennpunkt und ein Ort, den man im Dunkeln lieber meiden sollte. Alles Blödsinn! Berlin-Neukölln hat sich zum Szene Stadtteil gemausert! Es ist bunt, multikulti und einfach nur schön. Schaut es Euch an und lernt es kennen und ich verspreche Euch, Ihr werdet es mögen!
Es gibt einen kleinen „Tourist Guide Nord-Neukölln„, dessen einleitender Satz lautet: „Neukölln ist im Kommen, aber noch weit weg vom Mainstream.“ Das stimmt und das ist gut so, denn genau das macht den besonderen Charme von Neukölln aus. Mainstream hingegen kann nur langweilig und uninteressant sein – was übrigens nicht nur für Stadtteile gilt! 😉
Zugegeben, anfangs flaniere ich mit einem etwas mulmigen Gefühl im Bauch durch Neukölln. Als ich bei einer Abendveranstaltung zwei Frauen erzähle, dass ich in Neukölln wohne, reißen diese zunächst bestürzt die Augen auf. Doch als ich Ihnen mehr erzähle, werden sie neugierig und hören mir gespannt zu.
Das Glück reist mit mir, denn genau an dem Tag, an dem ich durch Berlin-Neukölln flaniere, findet am Maybachufer Berlins zweitgrößter Wochenmarkt statt. So etwas habe ich wirklich noch nie gesehen. Ich komme mir vor, wie auf einem orientalischen Basar. Es ist bunt, es riecht fantastisch und ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hinschauen soll. Ich schlendere fasziniert über den Markt und tauche in eine andere Welt ein. Köstlichkeiten aus aller Herren Länder versuchen mich zu verführen, wunderschöne Stoffe regen meine kreative Ader an, bunte Blumen vermitteln ein Gefühl von Frühling. Dieser Markt ist so authentisch und steckt mich förmlich mit seiner Lebendigkeit an. Hier begreife ich im wahrsten Sinne des Wortes, wie wichtig und wie wundervoll die Vielfalt unterschiedlichster Kulturen ist.
Dann kommt eine Ecke, in der es ruhiger wird, wobei ruhiger eigentlich nicht genau das Gefühl trifft, das mich hier beschleich. Es wirkt irgendwie besinnlich oder friedlich. Ein Straßenmusikant verzaubert die Menschen spontan so mit seiner Musik, dass diese innehalten, sich einfach auf den Boden setzen oder an ein Gelände lehnen, um ihm zuzuhören. Kinder tanzen zu seiner Musik. Rundum stehen Händler, die kleine Köstlichkeiten, Mokka oder andere Leckereien anbieten. Ich bin hin und weg! Wo findet man heute so etwas noch? Neukölln verliert für mich schlagartig seinen „besorgniserregenden Charakter“ und gewinnt stattdessen mein Herz. Und was heißt überhaupt sozialer Brennpunkt? Natürlich leben hier viele Menschen, die finanziell schlecht gestellt sind und oder eine Migrationshintergrund haben. Aber manchmal habe ich auch den Eindruck, dass eben diese Tatsache – genau wie hier – dazu führt anderweitigen Reichtum, z. B. in der Form Sozialen Kapitals zu mehren und das ist in meinen Augen viel mehr wert, als ein gut gefülltes Bankkonto.
Ich habe Lust mehr von Neukölln zu entdecken und laufe einfach durch die Straßen. Was mir auffällt: Neukölln ist bunt. Parolen an den Hauswänden, bunte Plakate, sogar bunte Fahrzeuge finde ich hier. Mit kommen ausgesprochen viele Männer mit kleinen Kindern entgegen. Vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass hier eine neue Generation ihr zu Hause gefunden hat. Eine Generation, in der das Geschlechterverhältnis möglicherweise doch ein wenig ausgeglichener daherkommt. Aber mir fällt noch etwas auf: Seniorenzentren finde ich hier ebenso häufig und selbstverständlich, wie Kindertagesstätten. Hier scheint niemand weggeschoben oder vergessen zu werden. Alle sind gleichermaßen ins Leben eingebunden, bleiben aktiv und bereichern hier das Miteinander. Natürlich ist mir bewusst, dass ich hier nur einen kurzen Blick erhasche, doch eben diesen Blick habe ich in anderen Städten oftmals nicht in der gleichen Intensität und Ausrichtung erhaschen können. Neukölln hat also doch etwas Besonderes.
Wenn Ihr Berlin besucht, solltet Ihr es Euch anschauen. Vom 27. – 29. Juni findet übrigens in den Straßen und Lokalitäten von Neukölln ein Kunst- und Kulturfesival statt: 48 Stunden Neukölln – vielleicht ein passendes Event, um Neukölln einmal kennenzulernen.
Ich wünsche Euch viel Spaß dabei und wer weiß, vielleicht treffen wir uns sogar?!
Falls Ihr noch mehr Inspirationen zu einer Städtereise nach Berlin sucht, findet Ihr diese vielleicht hier:
Städtereise nach Berlin – Teil 1: Gute Planung für eine gelungene Städtereise
Städtereise nach Berlin – Teil 2: Der Hüttenpalast
Pingback: Städtereise nach Berlin – Teil 5: Berlin-Tour | Entdecker(g)reise
Pingback: ITB, Städte- und Wellnessreise und wieder einmal Berlin | Entdecker(g)reise
Pingback: Städtereise nach Berlin – Teil 4: Jüdisches Leben in Berlin – Spurensuche | Entdecker(g)reise
30. März 2015 um 16:46 Uhr
Ja Monika, du siehst das genau richtig. Ich bin in Berlin aufgewachsen, wenn auch in Bezirken, die weniger mit einem schlechten Ruf zu kämpfen haben. Mit Neukölln verbinden ich einige gute Erfahrungen und ich kann sagen, dass sich in den Straßen einiges getan hat in den letzten Jahren. Seit die Flugzeuge vom ehemaligen Flughafen Tempelhof nicht mehr über die Altstadt fliegen, ist das Wohnen in Neukölln um einiges attraktiver geworden. Die alten Häuser werden renoviert und es findet langsam aber sicher ein Wandel statt. Wahrscheinlich führt das dazu, dass genau dort, wo du die bunten Seiten des Bezirks erlebt hast, bald ein neues Inn-Viertel steht. Gut, dass du noch bei Zeiten den multikulturellen Flair Neuköllns erlebt hast.