Ich muss gestehen, vor diesem Besuch wäre ich sicherlich die Letzte gewesen, die Industriekultur als spannend bezeichnet hätte und doch musste ich mich eines Besseren belehren lassen. Ich kann den Satz „Weltkulturerbe Völklinger Hütte – einer der spannendsten Orte der Welt“ wirklich nur bestätigen und in Kombination mit der UrbanArt 2015 sicherlich ein Ort, den man durchaus auch mehrfach besuchen kann.
Zu entdecken sind dort, neben der Völklinger Hütte selbst, die Kunstwerke von 80 Künstlern, aus 21 Ländern, verteilt auf 6 Kontinente. Ein kulturelles Kreativ-Highlight der Superlative und ich war mittendrin, im Zentrum der Spannung und des Staunens … ein einzigartiges und inspirierendes Erlebnis!
Eisengewinnung in der Völklinger Hütte
Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte ist das einzige vollständig erhaltene Eisenwerk weltweit. Seine Anfänge reichen zurück bis ins Jahr 1873 und stillgelegt wurde es 1986. Seit 1994 zählt es zum Weltkulturerbe.
Obwohl es zunächst den Anschein macht, als sei dort eigentlich nicht wirklich viel für den Besucher „aufbereitet“ worden, hat man es geschafft den Urzustand dieser riesigen Maschinerie so darzustellen, dass selbst ich, als industriell nicht sehr interessierter Mensch, dort in einen Zustand des Staunens, der Ehrfurcht und der Ergriffenheit versetzt wurde. Bereits der Besuch der ersten Halle hat mich zutiefst beeindruckt und dieses Gefühl blieb mir während der gesamten Führung erhalten.
Man betritt eine halbdunkle riesige Fertigungshalle, sieht schemenhafte Vorrichtungen, Maschinen, Fördervorrichtungen, Gänge, kleine Metallbrücken und vieles mehr. Da alles in dieser Halle nicht wirklich gut ausgeleuchtet ist, erhascht man immer wieder neue Bilder und Eindrücke. Begleitet wird das gesamte Szenario von einer eigens inszenierten Geräuschkulisse, die wohl die Produktionsgeräusche simulieren soll und so hat man allmählich das Gefühl, vollkommen in diese Welt einzutauchen.
Das Hier und Jetzt tritt zunehmend in den Hintergrund, während die längst vergangene Produktion immer realer zu werden scheint. Unterstützt wird dieser Eindruck durch wechselnde schwarz-weiß Projektionen, hoch oben an Decken und Wände.
Das Gefühl, welches sich beim Betrachter einstellt ist eine Mischung aus Faszination und Ehrfurcht, das sich angesichts der Schwere der Arbeit die hier einst verrichtet wurde und die durch die Art und Weise der Inszenierung ganz aktuell spürbar wird, durchaus auch mit ein wenig Bedrückung vermischt. Es offenbart sich ein Sog, dem man sich nur schwerlich entziehen kann.
Nach dieser Halle besichtigen wir die einzelnen Stationen der Eisengewinnung. Der Bezug und die Rekonstruktion der damaligen Verhältnisse ist das, was mich permanent und immer wieder fasziniert. So gibt es beispielsweise schwarz-weiß Aufnahmen von ehemaligen Mitarbeitern des Werkes. Sehr beeindruckend, wie ich finde, denn ich blicke in diese Gesichter und wieder beschleicht mich der Eindruck, in der Zeit zurückversetzt zu werden.
Unweigerlich werde ich mit diesen Menschen und ihren Lebensgeschichten konfrontiert, die ihnen ins Gesicht geschrieben stehen. Mich beschleicht das Gefühl, dass wir im Augenblick des Betrachtens förmlich miteinander verschmelzen – unsere Lebenskonstrukte scheinen einander zu berühren, und zunächst einmal vollkommen wertfrei gegenüber zu stehen.
Doch in meinen Gedanken vergleiche ich unsere Lebenswege, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und was mich besonders bewegt – obwohl diese Menschen hart und unter äußerst belastenden Umständen arbeiten mussten, erkennt man ich ihren Augen den Stolz ihres Tuns. Diese Menschen waren sich bewusst, dass ihre Arbeit zwar schwer, aber äußerst sinnstiftend war.
Sie wussten, dass sie Teil eines großen Ganzen waren und ich frage mich für einen kurzen Moment, welche Form von Arbeit für den Menschen wohl schwerer zu verkraften ist, diese körperlich zehrende Arbeit dieser damaligen Produktionsstätte oder die auf eine ganz andere Art und Weise erschöpfende Arbeit von heute, mit ihren dauernden Zwängen permanenter Erreichbarkeit, Flexibilität und sicherlich auch einem zu weiten Teilen hohen Maß an Sinnverlust.
Zum Schluss der Führung erfolgt der Aufstieg zur Aussichtsplattform am Hochofen, über freiliegende Eisentreppen, in 45 Meter Höhe. Ein wirklich aufregendes Erlebnis!
Die UrbanArt Biennale – Kunst und Kultur in der Völklinger Hütte
In ehemaligen Lagerhallen, begehbaren Silotaschen und der Gebläsehalle finden heute immer wieder Kunstwerke ihren Platz. Auch hier wirken wieder zwei Eindrücke gleichzeitig auf den Betrachter ein. Diese uralte Produktionsstätte voller Geschichte und Geschichten und die im Falle der UrbanArt dargestellte „Alltagskunst“.
Was zunächst „nur“ eine Form des Ausdrucks einiger Weniger war, ein Sprachrohr der Basis und der Städte dieser Welt, avanciert nun mehr und mehr zu einer ganz eigenen Kunstform, die unglaublich beeindruckend, ergreifend und inspirierend den Betrachter in ihren Bann zieht!
Zu meinem großen Bedauern sind mir meine Notitzen zu den einzelnen Kunstwerken abhanden gekommen, von daher bin ich an dieser Stelle für jeden Hinweis zu den Künstlern dankbar. Wenn Ihr also wisst, welcher Künstler hinter welchem Bild steht, dann würde ich mich freuen, wenn Ihr Euer Wissen mit mir teilt!
Beim Betrachten dieser Bilder fühle ich mich unweigerlich aufgefordert innezuhalten, nachzudenken und zu handeln. Diese Kunstwerke haben unendlich viel zu sagen. Manche tun dies flüsternd, manche schreiend und voller Empörung und wieder andere schweigend. Mir persönlich ist dieser Teil der Besichtigung aus zeitlichen Gründen schon fast ein wenig zu kurz gekommen und ich überlege ernsthaft, ob ich mir dieses Erlebnis nicht noch für einen weiteren Tag gönne …
Die UrbanArt Biennale ist mittlerweile die Dritte Ihrer Art und läuft noch bis zum 15. November 2015. Die nächste Ausstellung wird es dann dort erst wieder im Jahr 2017 zu bestaunen geben. Beschrieben wird diese Form der Kunst häufig als changierend, für mich jedoch beinhalten diese Bilder grundsätzlich immer ein Statement, zugegebenermaßen mal mehr, mal weniger kritisch. 120 Kunstwerke sind auf der UrbanArt 2015 zu entdecken. Man kann sich vorstellen, dass dies eine Ausstellung ist, zu der man sich Zeit nehmen sollt. „Sein statt Haben“ ist hier das Credo, insbesondere dann, wenn man die einzelnen Werke gebührend auf und in sich wirken lassen möchte.
Mein Resümee, … wer die Möglichkeit hat, sich diesen Ort mit seinen (wechselnden) Ausstellungen anzusehen, der sollte sich das auf gar keinen Fall entgehen lassen. Ich würde sogar dazu raten gleich zwei Tage hierfür einzuplanen, es lohnt sich auf jeden Fall! Ich wünsche Euch ganz viel Spaß beim Entdecken …
Falls Ihr mehr Anregungen für das Saarland sucht, findet Ihr vielleicht hier das Passende …
Victor`s Residenz Hotels oder wie finde ich das für mich passende Hotel?
Und wer Lust auf weitere Stimmen und Eindrücke zum Saarland, dem Besuch der Völklinger Hütte und zu den Victor`s Residenz Hotels hat, der findet diese bei bei Tanja von Spaness, bei Janett von Teilzeitreisender, bei Sarah von Saarmaica, bei Anna von Annaninkabu, bei Alexandra von Orangediamond, bei Evelyn von Landmeedchen, bei Hans-Joachim von Anderswandern und bei Sabine von Liebstöckelschuh … viel Spaß beim Entdecken!
Mein Dank für Organisation und Einladung gilt Tanja Klindworth von Spaness und Melanie de Solda von Victor`s Residenz Hotels!
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